People-Pleasing: Höre auf, es allen recht zu machen

Es gibt Momente im Leben, in denen wir einfach nur gefallen wollen. Wir möchten gemocht werden, Anerkennung bekommen und keine Konflikte riskieren. Der Drang nach Zugehörigkeit und Akzeptanz ist auch nichts Ungewöhnliches oder gar Schlechtes-es ist ein tief verankerter, evolutionsbedingter Überlebensinstinkt. Aber was passiert, wenn das Verlangen nach Annerkennung und das Vermeiden von Konflikten unser Verhalten bestimmt? Wenn wir uns ständig verbiegen, um es anderen recht zu machen – ohne auf unsere eigenen Bedürfnisse zu achten? Genau darum geht es beim „People-Pleasing“. In diesem Artikel erfährst du, warum dieses Verhalten auf lange Sicht schädlich sein kann und wie du lernst, authentisch zu leben und gesunde Grenzen zu setzen.

Was ist People-Pleasing?

People-Pleasing“ bezeichnet das Verhalten, ständig zu versuchen, den Erwartungen anderer gerecht zu werden, oft auf Kosten der eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Werte. Es geht darum, sich immer wieder anzupassen, um Konflikte zu vermeiden, von anderen gemocht zu werden oder einfach nur das Gefühl zu haben, gebraucht zu werden.

Es kann sich in vielen Formen zeigen: Du sagst „Ja“, obwohl du „Nein“ meinst, du setzt deine eigenen Bedürfnisse hinten an oder du nimmst immer wieder mehr Verantwortung auf dich, als dir lieb ist, nur um anderen zu gefallen. Doch was steckt hinter diesem Bedürfnis, es allen recht zu machen?

Warum tun wir das?

Es gibt viele Gründe, warum Menschen in das „People-Pleasing“-Verhalten abrutschen. Oft ist es ein Überbleibsel aus der Kindheit, als wir gelernt haben, dass wir nur durch Anpassung Anerkennung und Liebe erfahren können. Das Bedürfnis, gemocht zu werden, ist tief in uns verankert und mit einem natürlichen Überlebensinstinkt verbunden.

Aber auch in Erwachsenenkontakten kann das Bedürfnis, es anderen recht zu machen, weiterhin bestehen bleiben. Wir fürchten Ablehnung oder Missbilligung, wollen Konflikte vermeiden oder haben Angst davor, im Job oder in persönlichen Beziehungen nicht zu genügen.

Die Wurzeln des People-Pleasing

Oft stecken tieferliegende Ängste hinter dem „People-Pleasing“-Verhalten:

  • Angst vor Ablehnung: Du hast vielleicht in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht, bei denen du abgelehnt wurdest, und versuchst daher, alles zu tun, um das zu vermeiden.
  • Perfektionismus: Die Vorstellung, nur durch das Erfüllen perfekter Erwartungen von anderen Anerkennung zu bekommen, kann einen Menschen dazu treiben, ständig zu gefallen.
  • Geringes Selbstwertgefühl: Wer sich selbst nicht genug schätzt, neigt dazu, das Wohl anderer über das eigene zu stellen, um Anerkennung zu erlangen.

Das Problem: Dauerhaft in diesem Muster zu leben, führt zu Erschöpfung, Frustration und dem Gefühl, sich selbst zu verlieren. Man lebt nicht mehr authentisch, sondern funktioniert nur noch als „Für-andere-Mensch“.

Die Auswirkungen von People-Pleasing

  1. Erschöpfung und Überlastung Wenn du immer versuchst, es anderen recht zu machen, wirst du irgendwann körperlich und emotional erschöpft sein. Du gibst so viel von dir selbst, dass keine Energie mehr für dich übrig bleibt. Es fühlt sich an, als ob du ständig in einem Zustand der Erfüllung von Erwartungen bist – ohne jemals wirklich etwas für dich selbst zu tun.
  2. Geringes Selbstwertgefühl Menschen, die ständig versuchen, es anderen recht zu machen, verlieren oft das Gefühl für ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Sie leben nach den Maßstäben und Erwartungen anderer, statt ihren eigenen Werten zu folgen. Dadurch sinkt das Selbstwertgefühl, weil du dich selbst nicht respektierst und keine Grenzen setzt.
  3. Beziehungen werden unausgewogen In Beziehungen, sei es im Freundeskreis, in der Familie oder im Beruf, führt People-Pleasing zu einem unausgewogenen Geben und Nehmen. Du stellst deine Bedürfnisse immer hinter die der anderen und übernimmst oft mehr Verantwortung, als gesund für dich ist. Das führt dazu, dass du dich ausgenutzt fühlst, während die andere Person keine Ahnung davon hat, wie viel du aufopferst.
  4. Fehlende Authentizität Wenn du dich immer wieder verstellst, um es anderen recht zu machen, verlierst du den Kontakt zu deiner echten, authentischen Persönlichkeit. Du passt dich ständig an, aber am Ende weißt du nicht mehr, wer du wirklich bist und was du wirklich willst.

Wie du People-Pleasing überwinden kannst

Das Gute ist: Du kannst lernen, dich von diesem Verhalten zu befreien und authentisch zu leben. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht, aber es ist möglich, wieder die Kontrolle über dein eigenes Leben zu gewinnen. Hier sind einige Tipps, die dir helfen können:

1. Erkenne, dass du nicht allen gefallen kannst

Einer der wichtigsten Schritte im Umgang mit People-Pleasing ist, die Tatsache zu akzeptieren, dass du niemals jedem gefallen wirst – und das ist völlig in Ordnung. Menschen haben unterschiedliche Meinungen, und nicht jeder wird dich mögen oder deine Entscheidungen immer verstehen. Das bedeutet nicht, dass du ein schlechter Mensch bist, sondern dass du für dich selbst einstehst.

2. Lerne, „Nein“ zu sagen

Das Setzen von Grenzen ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, die du lernen kannst. „Nein“ zu sagen, mag anfangs unangenehm sein, aber es ist ein wesentlicher Schritt, um dich selbst zu respektieren und deine eigenen Bedürfnisse zu schützen. Du musst nicht jede Bitte erfüllen oder jedes Problem lösen.

3. Arbeite an deinem Selbstwertgefühl

Dein Selbstwertgefühl hat einen direkten Einfluss darauf, wie du dich in Beziehungen verhältst. Wenn du dir selbst vertraust und dich selbst schätzt, wirst du weniger von der Zustimmung anderer abhängig sein. Investiere Zeit in Selbstreflexion, Selbstfürsorge und positive Selbstgespräche.

4. Akzeptiere, dass Konflikte Teil des Lebens sind

Konflikte zu vermeiden ist eine der häufigsten Motivationen für People-Pleasing, aber das Leben ist nun mal nicht konfliktfrei. Lernen, mit Konflikten umzugehen, ohne sie zu fürchten, ist wichtig. Konflikte sind nicht das Ende einer Beziehung, sondern die Gelegenheit, sich ehrlich auszutauschen und eine gesunde Lösung zu finden.

5. Verändere deine Denkweise

Statt ständig zu denken: „Was kann ich tun, damit alle zufrieden sind?“, frage dich: „Was brauche ich, um mich wohlzufühlen?“ Setze dich an erste Stelle und überlege, was du in einer Situation wirklich brauchst.

Meine persönliche Erfahrung

Als ich neu war in meiner ersten Arbeitsstelle, wollte ich es allen Recht machen. Ich nahm ständig zusätzliche Aufgaben auf mich, um „hilfsbereit“ zu sein, stellte zu wenig Fragen, um nicht „anstrengend“ zu sein, fragte zu wenig nach Hilfe, um nicht „zur Last zu fallen“, ich ignorierte meine eigenen Bedürfnisse und fühlte mich immer erschöpfter. Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass ich damit niemandem geholfen hatte – am wenigsten mir selbst. Die ständige Anpassung an die Erwartungen meiner Kollegen führte nur dazu, dass ich meine eigenen Werte und Ziele aus den Augen verlor. Als ich schließlich anfing, klarere Grenzen zu setzen und zu sagen, was ich brauchte, änderte sich meine Arbeitsweise und meine Beziehungen. Ich war nicht mehr die, die sich verbog, sondern jemand, der authentisch war.

Fazit: People-Pleasing ist kein langfristiger Lösungsweg

People-Pleasing mag kurzfristig dazu führen, dass du dich akzeptiert und gebraucht fühlst, aber auf lange Sicht wird es dich selbst zerstören. Du wirst deine Energie verlieren, deine Authentizität aufgeben und dich in einer ständigen Schleife der Selbstaufopferung wiederfinden. Der Weg, diesen Kreislauf zu durchbrechen, liegt in der Anerkennung deiner eigenen Bedürfnisse, dem Setzen von gesunden Grenzen und der Akzeptanz, dass du nicht allen gefallen musst. Du bist es wert, ein Leben zu führen, das auf deinen eigenen Werten und Wünschen basiert.

Wenn du es leid bist, dich selbst ständig hintenanzustellen und dich nach mehr Authentizität und Selbstrespekt sehnst, beginne jetzt damit, deine Grenzen zu setzen und deine eigenen Bedürfnisse zu priorisieren. Setze dir kleine Ziele, um Schritt für Schritt aus dem „People-Pleasing“-Verhalten herauszutreten. Nimm dir vor, das nächste Mal, wenn dich jemand um etwas bittet dich selbst zu hinterfragen. Fange an auf dein Bauchgefühl zu hören, bis du ein deutliches Störgefühl entwickelst, wenn du im Begriff bist, deine eigenen Grenzen zu ignorieren. Du wirst erstaunt sein, wie viel mehr du für dich selbst tun kannst, wenn du nicht mehr versuchst, es allen recht zu machen.