Während Prokrastination – das Aufschieben von Aufgaben – ein weit verbreitetes Phänomen ist, gibt es auch das genaue Gegenteil: Präkrastination. Diese bezeichnet den Drang, Aufgaben so früh wie möglich zu erledigen, oft sogar bevor sie wirklich erforderlich sind. Menschen, die unter Präkrastination leiden, erledigen Aufgaben nicht nur frühzeitig, sondern oft auch überstürzt und manchmal sogar unnötig, was nicht selten zu zusätzlichem Stress oder Überforderung führen kann.
In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, was Präkrastination genau ist, warum sie auftritt und wie du lernen kannst, sie zu überwinden, um deine Produktivität und dein Wohlbefinden zu steigern.
Was ist Präkrastination?
Präkrastination ist das Verhalten, Aufgaben oder Verpflichtungen nicht nur frühzeitig zu erledigen, sondern oft sogar vorzeitig und ohne Notwendigkeit. Menschen, die unter Präkrastination leiden, neigen dazu, Dinge sofort zu erledigen, obwohl sie nicht wirklich unter Zeitdruck stehen oder die Aufgabe noch nicht dringend ist. Dieser Zwang, Dinge so früh wie möglich abzuschließen, entsteht oft aus einem inneren Drang, die Kontrolle zu behalten und Unsicherheit zu vermeiden.
Im Gegensatz zur Prokrastination, bei der Menschen Aufgaben aufschieben und dadurch Stress und negative Gefühle erzeugen, führt Präkrastination zu einem Übermaß an Aktivität und dem Drang, ständig etwas zu tun – auch dann, wenn es gar nicht notwendig ist.
Warum neigen manche Menschen zu Präkrastination?
Es gibt mehrere Gründe, warum jemand dazu tendieren könnte, Aufgaben vorzeitig zu erledigen. Diese Ursachen sind oft tief in psychologischen Mustern und den persönlichen Bedürfnissen verwurzelt:
1. Angst vor Unklarheit und Stress
Ein häufiger Grund für Präkrastination ist der Wunsch, potenziellen Stress zu vermeiden. Wenn eine Aufgabe als unklar oder komplex erscheint, kann der Gedanke, sie zu verschieben, zusätzlichen Druck erzeugen. Daher entscheiden sich einige Menschen, sie sofort zu erledigen, um sich der Unsicherheit und dem damit verbundenen Stress zu entziehen. Sie glauben, dass sie durch das frühzeitige Erledigen der Aufgabe die Kontrolle behalten und möglichen negativen Gefühlen vorbeugen können.
2. Überkompensation durch Perfektionismus
Manche Menschen versuchen, durch das Vorwegnehmen von Aufgaben ihre vermeintliche Perfektion zu beweisen. Dieser Drang, alles „richtig“ zu machen, kann dazu führen, dass sie Aufgaben zu einem Zeitpunkt angehen, an dem es noch gar keine Notwendigkeit gibt. Sie glauben, je früher sie beginnen, desto besser werden sie vorbereitet und desto weniger werden sie im Nachhinein Fehler machen.
3. Gefühl der Kontrolle
Präkrastination kann auch mit einem Bedürfnis nach Kontrolle und Ordnung zusammenhängen. Wenn wir uns überfordert fühlen oder das Gefühl haben, nicht genug Kontrolle über unser Leben zu haben, suchen wir nach Dingen, die wir schnell erledigen können, um uns wieder in die Kontrolle zu bringen. Das vorzeitige Erledigen von Aufgaben kann das Gefühl der Kontrolle stärken, auch wenn die Aufgaben noch nicht dringend sind.
4. Geringes Vertrauen in zukünftige Fähigkeiten
Manche Menschen neigen zur Präkrastination, weil sie glauben, dass sie in der Zukunft nicht die gleiche Motivation oder Energie haben werden, eine Aufgabe zu erledigen. Daher erledigen sie die Aufgabe sofort, um sicherzustellen, dass sie sie nicht später aufschieben oder vergessen.
5. Belohnung durch das Erledigen
Für manche kann die Erledigung von Aufgaben ein sofortiges Gefühl der Belohnung oder Befriedigung verschaffen. Das schnelle Erledigen einer Aufgabe bringt eine sofortige Erleichterung und das Gefühl, produktiv zu sein. Auch wenn dies kurzfristig befriedigend ist, kann es langfristig zu Überarbeitung und Stress führen.
Wie sich Präkrastination äußert
Präkrastination kann auf verschiedene Weisen in unserem Alltag auftreten. Es ist wichtig, die typischen Muster zu erkennen, um die Ursache zu verstehen und den Umgang damit zu verbessern:
- Vorzeitige Erledigung von Aufgaben ohne dringenden Anlass: Ein einfaches Beispiel ist, dass du eine Aufgabe für eine Deadline, die noch weit entfernt ist, bereits heute erledigst, nur um dich selbst zu entlasten. Das fühlt sich produktiv an, aber es ist möglicherweise nicht notwendig, und du verpasst die Gelegenheit, deine Energie besser zu bündeln.
- Überstürzte Entscheidungen: Menschen, die zu Präkrastination neigen, treffen oft schnelle Entscheidungen und gehen sofort in die Handlung, ohne genügend Informationen zu haben. Sie wollen die Aufgabe einfach „loswerden“, anstatt sich Zeit zu nehmen, die besten Lösungen zu finden.
- Übermäßiges Multitasking: Präkrastination kann auch in Form von Multitasking auftreten, bei dem man gleichzeitig mehrere Aufgaben anpackt, obwohl jede einzelne davon nicht sofort erledigt werden muss. Das kann zu Überlastung und fehlender Konzentration auf die wichtigsten Aufgaben führen.
- Aufopferung von Freizeit: Wenn du es bevorzugst, alle Aufgaben sofort zu erledigen, könntest du feststellen, dass du deine Freizeit zugunsten von Arbeit opferst. Anstatt dich zu entspannen oder etwas Spaßiges zu unternehmen, erledigst du ständig Aufgaben, die du ruhig später anpacken könntest.
Die negativen Auswirkungen von Präkrastination
Obwohl Präkrastination anfangs produktiv erscheinen mag, hat sie langfristig mehrere negative Auswirkungen:
1. Erhöhte Belastung und Stress
Der Zwang, Aufgaben sofort zu erledigen, kann zu unnötigem Stress führen. Du fühlst dich vielleicht ständig gezwungen, aktiv zu sein, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass du dich irgendwann erschöpft fühlst. Außerdem sorgt der frühe Abschluss von Aufgaben oft dafür, dass du noch mehr Zeit in die Feinheiten investierst, die vielleicht gar nicht erforderlich wären.
2. Verlust von Effizienz und Fokus
Indem du Dinge vorzeitig erledigst, anstatt sie zu priorisieren und zu planen, verlierst du möglicherweise den Fokus auf die wirklich wichtigen Aufgaben. Die Qualität deiner Arbeit könnte darunter leiden, weil du Aufgaben erledigst, ohne den Überblick darüber zu haben, was wirklich zu deinem langfristigen Erfolg beiträgt.
3. Fehlende Zeit für Planung und Reflexion
Wenn du immer das Bedürfnis hast, Aufgaben sofort zu erledigen, versäumst du oft, darüber nachzudenken, wie du deine Aufgaben strategisch am besten angehst. Eine gut durchdachte Planung ist jedoch entscheidend, um langfristig produktiv zu bleiben. Präkrastination lässt dir diese Zeit nicht, was dich in deinem Workflow behindern kann.
4. Reduzierte Lebensqualität
Wenn du ständig unter Druck stehst, Aufgaben sofort zu erledigen, bleibt wenig Raum für Freizeit oder Entspannung. Du verpasst möglicherweise wertvolle Momente für dich selbst und für soziale Kontakte, was die Qualität deines Lebens beeinträchtigen kann.
Wie du Präkrastination überwinden kannst
Es gibt verschiedene Strategien, um mit Präkrastination umzugehen und den inneren Zwang, Dinge sofort zu erledigen, zu mindern. Hier sind einige hilfreiche Ansätze:
1. Bewusstsein schaffen und hinterfragen
Der erste Schritt, um Präkrastination zu überwinden, ist, sich ihrer bewusst zu werden. Frage dich bei jeder Aufgabe, ob es wirklich notwendig ist, sie sofort zu erledigen, oder ob sie auch später erledigt werden kann. Hinterfrage deinen Drang und versuche, ihn zu kontrollieren.
2. Prioritäten setzen
Statt alles sofort anzugehen, solltest du lernen, Prioritäten zu setzen. Überlege dir, welche Aufgaben wirklich dringlich und wichtig sind und welche noch warten können. Eine strukturierte Planung hilft dir, deine Zeit effektiver zu nutzen.
3. Pufferzeiten einplanen
Anstatt dich selbst zu zwingen, sofort zu handeln, plane Pufferzeiten in deinem Kalender ein. Diese Zeit kann für die Reflexion, das Überdenken von Aufgaben oder für eine kurze Pause genutzt werden. Dies gibt dir die Möglichkeit, deine Aufgaben in einem entspannteren Tempo zu erledigen.
4. Setze realistische Deadlines
Setze dir für jede Aufgabe eine realistische Deadline, die dir genug Zeit für eine gründliche Abarbeitung lässt, aber auch verhindert, dass du sie übermäßig früh erledigst. Dadurch bleibst du fokussiert und vermeidest, unnötige Energie auf unwichtige Aufgaben zu verschwenden.
5. Akzeptiere Unvollständigkeit
Lerne, dass nicht jede Aufgabe perfekt oder sofort abgeschlossen sein muss. Akzeptiere, dass Dinge Zeit brauchen und dass du nicht immer alles auf einmal erledigen musst.
Fazit: Den Zwang zur Soforterledigung überwinden
Präkrastination kann auf den ersten Blick wie ein Vorteil erscheinen, da sie uns dazu motiviert, Dinge schnell zu erledigen. Doch der Zwang, alles sofort abzuschließen, kann auf lange Sicht zu Stress, Überlastung und ineffizientem Arbeiten führen. Indem du deine Prioritäten bewusst setzt, realistische Deadlines einführst und bewusst Pausen einplanst, kannst du lernen, Präkrastination zu überwinden und deine Produktivität in einem gesunden Gleichgewicht zu halten.
Dein nächster Schritt: Überlege dir bei deiner nächsten Aufgabe, ob es wirklich notwendig ist, sie sofort zu erledigen, oder ob du ihr die Zeit und Aufmerksamkeit schenken kannst, die sie verdient.